Ich hatte vor einiger Zeit einen Abteilungsleiter im Coaching, der sehr unzufrieden mit der Leistung seines Teams war.
Gefühlt für jede Winzigkeit kamen sie zu ihm, um seinen Rat, oder sein Ok einzuholen.
Und ständig stritten sie miteinander wegen Kleinigkeiten.
Wer darf abends zuerst gehen, oder morgens später kommen. Der andere darf viel mehr. In dem Stil.
Das klang für den Abteilungsleiter wie Sandkastenstreit auf dem Level: Der hat meine Förmchen genommen.
Er war total genervt und hat mich gefragt: „Wie ist es möglich, dass erwachsene Menschen sich so kindisch aufführen? Ich kann ja wohl erwarten, dass sich alle wie Erwachsene benehmen.“
Meine Gegenfrage: „Woher sollen sie wissen, was Erwachsensein in diesem Kontext bedeutet?“
Sein Führungsverständnis war es, Aufgaben zu verteilen, Ziele vorzugeben, fertig. Der Rest regelt sich. Sind ja Erwachsene.
Aber die Realität sieht anders aus. Ohne klaren Rahmen wissen Menschen nicht, was okay ist und was nicht. Wo die Grenzen liegen. In welche Richtung es geht. Was von ihnen erwartet wird – und was nicht.
Das macht sie nicht kindisch, sondern unsicher.
Und Unsicherheit kostet Leistung. Und verminderte Leistung kostet Zeit und Geld.
Ein Teufelskreis:
– Unsicherheit führt zu Stress
– Stress führt zu verminderter Leistung
– Verminderte Leistung führt zu noch mehr Druck
Statt produktiv zu arbeiten, verhandelt das Team über Kleinigkeiten. Statt Energie in Ergebnisse zu stecken, fließt sie in Konflikte und Absicherung.
Wenn niemand die Spielregeln kennt, wird jede Kleinigkeit zur Verhandlungssache.
Um Orientierung. Um Gerechtigkeit. Um Sicherheit.
Das Team war nicht unreif. Es war führungslos.
Die Erkenntnis ist: Menschen brauchen einen Rahmen – keine Annahmen.

Fragen zur Führung
An dieser Stelle beantworte ich jede Woche eine Frage aus meinen Trainings und Coachings. Wenn Ihr auch eine Frage zu Führung habt, schreibt mir an:
Eine meiner Mitarbeiterinnen versteht keinen Spaß, legt alles auf die Goldwaage. Kann ich jetzt keine Scherze mehr machen?
Doch, auf jeden Fall. Scherze machen, gemeinsam lachen ist wichtig, gerade auch im beruflichen Kontext, in dem viel Ernst steckt und oft Stress herrscht. Da wirkt ein Scherz befreiend. Wenn ihn alle als Scherz wahrnehmen. Und da steckt des Pudels Kern.
Was für den einen witzig ist, ist für den anderen überhaupt nicht lustig. Sei es, weil jemand den Scherz als solches gar nicht erkennt, aber auch, weil die Menschen unterschiedliche soziale Prägungen und Werte haben und daher eine andere Sicht auf die Dinge.
Deine Verantwortung als Führungskraft ist es, die Menschen in Deinem Team soweit zu kennen, dass Du sie korrekt einschätzen kannst. Und das respektierst.
Denn vor dem gemeinsamen Lachen steht das Vertrauen in Dich als Führungskraft.
Das jeder sich darauf verlassen kann, dass Du die gemeinsame Linie kennst.
Auf den Punkt gebracht:
Ohne Vertrauen ist kein Scherz lustig.

