Ich habe einmal in einem Unternehmen gearbeitet, das Dentalkeramikmassen hergestellt hat.
Am Anfang dieses Prozesses ist da nur ein Haufen von Felsblöcken. Diese Blöcke werden als erstes in kleinere Einheiten geteilt.
Weil es bei Dentalkeramik enorm wichtig ist, farblich reine Massen zu erhalten, werden diese kleinen Steine begutachtet, noch kleiner geklopft, um sie auf Einschlüsse von farbigen Pigmenten zu untersuchen und in diesen Fällen auszusortieren.
Diese Überprüfung war in dem Unternehmen nicht automatisiert, bzw digitalisiert, sondern wurde von einem Menschen durchgeführt. Denn das menschliche Auge ist bisher jedem Apparat überlegen. Es saß bei diesem Unternehmen also eine Person an einem großen, staubigen Tisch und hat kilo- ja tonnenweise die kleinen Steine beguckt und noch kleiner geklopft, um Einschlüssen auf die Spur zu kommen.
Bei dem Anblick habe ich gedacht: Wer mich foltern will, setzt mich einen Tag dahin. Es war mir unvorstellbar, dass jemand freiwillig so eine Arbeit verrichten könnte.
Ich habe dann die Kollegin, die diese Arbeit gemacht hat, gefragt, wie sie das aushält.
Die Kollegin war ganz irritiert und hat gefragt: „Wieso aushalten? Meine Arbeit ist enorm wichtig. Von mir hängt ab, welche Qualität unsere Keramik am Ende haben wird. Diese Verantwortung zu tragen ist eine große Ehre für mich.“
Ich hingegen habe nur wahrgenommen, dass jemand Steine beklopft hat, aber die Kollegin hatte einen systemischen Blick auf ihr Tun. Sie hat keine Steine geklopft, sondern war Teil der Produktion eines schönen und hochkomplexen Produktes.
Es ist eine Frage des Mindsets.

Fragen zur Führung
An dieser Stelle beantworte ich jede Woche eine Frage aus meinen Trainings und Coachings. Wenn Ihr auch eine Frage zu Führung habt, schreibt mir an:
Ein Teammitglied hat mich angepampt, wie gehe ich damit um?
Was hast Du nach dem Vorfall empfunden, welche inneren Stimmen haben sich in Dir zu Wort gemeldet (Empörung, Wut, Enttäuschung, peinlich berührt sein, etc)?
Wenn Du das für Dich sortierst und einordnest, kannst Du schon gut einschätzen, was dem verbalen Ausfall zugrunde lag und was möglicherweise Dein Anteil daran war.
Wenn Du das herausgefunden hast, kannst Du bei künftigen, ähnlich gelagerten Situationen eine andere Haltung einnehmen, bzw durch eine andere Haltung im Vorfeld so einen Ausbruch vermeiden.
Wenn Äußerungen sehr emotional gefärbt sind, ist das immer ein Indikator dafür, dass auf der Beziehungsebene etwas klemmt.
Das solltest Du immer klären, auch wenn der eigentliche Vorfall keine große Sache war.
Die Ursache hinter dem Ausfall kann es trotzdem sein. Und das stört auf die Dauer nicht nur Eure Zusammenarbeit, sondern auch die Produktivität der Abteilung, oder gar des Unternehmens.
Auf den Punkt gebracht:
Unterschätze nie die Beziehungsebene.